Ich beobachte gerne Gesichter. Sie sind ein Spiegel der Seele. Gerade bin ich aus einem sehr armen Land in Zentralasien zurückgekehrt. Ich habe Kinder, Männer und Frauen aus allen sozialen Schichten und ethnischen Gruppen getroffen. Die meisten haben trotz ihrer Armut Lebensfreude, Freundlichkeit und Interesse am andern ausgestrahlt. Anderseits begegne ich in unserem reichen Land so vielen ausgebrannten Menschen - darunter auch Mitgliedern und Verantwortungsträgern von christlichen Gemeinden. Ihre Gesichter sind ausdruckslos geworden. Und sie geben es zu. Lustlosigkeit, Freudlosigkeit, Überforderung, ein Gefühl der Ohnmacht bestimmt ihren Alltag. Und was tun sie dagegen? Die meisten geben sich zufrieden mit frommen Allgemeinplätzen und mit der "schlimmen Zeit", in der wir Leben als Erklärung. Und die Schau geht weiter. In der Gemeinde läuft das gewohnte Programm. Die Gemüter bleiben die gleichen. Die Gesichter bleiben die gleichen. Erwartungen an echte Veränderungen sind längst begraben. Wo trotzdem Veränderung eintritt, bricht Erstaunen aus. Schade. Wo ist da die verändernde und erbauende Kraft Gottes? Wo ist da die Liebe und Freude, von der in der Bibel so oft gesprochen wird? Wo sind da die Kinder, Männer und Frauen, die vom Theater in die reale Christenwelt umsteigen wollen? Im Burnout verbirgt sich eine Chance. Die Chance eines Boxenstopps. Das Leben wird angehalten. Wir verlassen die gewohnte Fahrbahn, stellen Fragen und stellen in Frage. Geben uns nicht zufrieden mit vorfabrizierten Antworten. Prüfen Gedanken und Vorstellungen auf ihre Echtheit. Werfen alles über Bord, was der Prüfung nicht standhält. Beginnen ohne "christlich-traditionellen" Ballast eine neue Beziehung mit Gott. Und wir erwarten von ihm Geborgenheit, Liebe und Hoffnung - nicht als fromme Begriffe, sondern als Lebenspraxis. Das wird sich ausdrücken in strahlenden Gesichtern - den Spiegeln unserer Seele.
Mario Brühlmann
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen